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Bedeutung der psychosozialen Beziehungen bei der Anfechtung der Vaterschaft

Bedeutung der psychosozialen Beziehungen bei der Anfechtung der Vaterschaft

Kommentierung
Kindesrecht (inkl. Kindesschutz)

Bedeutung der psychosozialen Beziehungen bei der Anfechtung der Vaterschaft

A. Ausgangslage1

Mann und Frau heirateten im Jahr 2004. Aus ihrer Ehe sind zwei gemeinsame Kinder hervorgegangen. Im Jahr 2009 trennten sie sich. Im Mai 2013 reichte die Frau die Scheidungsklage ein. Am 13. März 2017 wurde die Frau Mutter einer weiteren Tochter (nachfolgend "Tochter") aus einer neuen Beziehung. Da die Ehe zwischen Mann und Frau zu diesem Zeitpunkt noch bestand, wurde die Tochter aufgrund der Vaterschaftsvermutung von Art. 255 ZGB als Kind des Mannes in das Zivilstandsregister eingetragen. Der Mann focht die Vaterschaft am 16. Mai 2018 (und somit nach Ablauf der in Art. 256c Abs. 1 ZGB vorgesehenen Frist) an.

Die erste Instanz hielt fest, dass die in Art. 256c Abs. 1 ZGB vorgesehene relative Klagefrist von einem Jahr abgelaufen sei, diese jedoch gemäss Art. 256c Abs. 3 ZGB wiederhergestellt werden müsse. Der Mann brachte vor, er habe aufgrund einer psychologischen Blockade seine Post nicht mehr geöffnet und somit die Briefe des Rechtsbeistandes der Mutter, mit welchen er über die Geburt der Tochter in Kenntnis gesetzt wurde, nicht gelesen. Zudem habe er nicht gewusst, dass er die Vaterschaft anfechten kann. Die erste Instanz wertete diese Gründe als wichtige Gründe im Sinne von Art. 256c Abs. 3 ZGB. Weiter liege es auch im Interesse des Kindeswohls, dass seine rechtliche Situation den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Zwischen dem Mann und der Tochter bestehe keinerlei emotionale Bindung. Aufgrund der prekären finanziellen Situation des Mannes bestehe auch kein finanzielles Interesse der Tochter am Kindesverhältnis. Die Tochter strebe nachweislich weder aus rechtlicher noch aus emotionaler Sicht die Vaterschaft an. Aus diesen Gründen trat die erste Instanz auf die verspätete Klage des Mannes ein und hiess sie gut. Die zweite Instanz bestätigte diesen Entscheid.

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iusNet FamR 25.10.2023

 

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